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© GVE 3/2003
Th. Billik
Zeitschrift SIGNAL
SIGNAL-Ausgaben 05/2002
DBV Bundesverband
Vetternwirtschaftsverordnung erlassen

Neues zur Vergabe von Leistungen im Schienenpersonen-Nahverkehr. Nach Ansicht des DBV ist damit die Bahnreform in einem weiteren Bereich gescheitert.

Mit der Zielsetzung, die Vergabevorschriften an die Erfordernisse des Eisenbahnpersonenverkehrs anzupassen, legte die Bundesregierung unter der Federführung des Bundeswirtschaftsministers im Oktober den Entwurf einer Änderungsverordnung vor.

Hierdurch verspricht sich der Wirtschaftsminister, dass die neuen Bedingungen den stufenweisen Übergang in den Wettbewerb scharfen würden. "Um dies zu erreichen, erhalten die öffentlichen Auftraggeber durch die neue Verordnung bei der Vergabe von Personennahverkehrsleistungen per Eisenbahn die Möglichkeit der freihändigen Vergabe für bestimmte Vertragskonstellationen und unter bestimmten Bedingungen", heißt es in der der Rechtfertigung des Bundeswirtschaftsministeriums zum Verordnungsentwurf.

Auch bei mehrmaligem Lesen dieser Gründe dürfte sich eine Logik aus dieser Begründung nicht herleiten lassen. Wie soll ein Monopolverfahren den Wettbewerb fördern? In Wirklichkeit lässt diese, am 18. Oktober 2002 auch durch den Bundesrat gebilligte Verordnung eher erkennen, dass die in vielen Ländern praktizierte, und zum Teil auch fragwürdige Vergabepraxis, nunmehr eine rechtliche Grundlage erhält. Aus den bisherigen Geschäftspartnern oder gar Kontrahenten "Besteller" (Länder) und "Ersteller" (Bahnen des SPNV) werden nunmehr "Vettern".

Die Bundesregierung sieht keine Alternative zur vorgelegten Änderungsverordnung und stellt zu dem fest, dass durch die Verordnung dem Bund, den Ländern und den Gemeinden keine Kosten entstehen. "Das bestehende System der Auftragsvergabe wird in sehr geringem Umfang und in einem begrenzten Bereich verändert", lässt die Bundesregierung verlauten. Auch der Wirtschaft sollen keinerlei Kosten durch die neue Verordnung erwachsen; "Auswirkungen auf Einzelpreise und das Preisniveau" sollen "nicht zu erwarten" sein, "da die Wirtschaft nicht mit Kosten belastet wird, die an die Verbraucher weiter gegeben werden könnten."

Würde es vielleicht noch Sinn machen, bei kurzfristigen Bestellaufträgen die Freivergabe zuzulassen, so sieht die Verordnung ausgerechnet für langfristige Bestellungen die Freivergabe vor. Die verheerenden Auswirkungen der neuen Verordnung sind vorprogrammiert. Bei der Freivergabe wird eine Vetternwirtschaft ermöglicht, die zu Bevorzugungen zum Beispiel nach dem vor allem in Bayern praktizierten "Landeskinderprinzip" führen. Auch die Deutsche Bahn kann weiterhin die Aufgabenträger nötigen, wie zum Beispiel durch die umstrittenen Regionalfaktoren. Und, ein fast als Naturgesetz zu wertendes Grundprinzip wird außer Acht gelassen, nämlich dass der Markt die Preise bestimmt. Mit dieser Verordnung, die noch 2002 in Kraft treten wird, bestimmen die Verkehrsunternehmen die Preise. Dies wird zu einer erneuten Verknappung der Regionalisierungsmittel führen und zu weiteren Abbestellungen im Nebennetz führen. Die ohnehin im Bröckeln begriffene Bahnreform ist somit in einem weiteren Segment gescheitert.
 


2004-08-03
www.gve-verlag.de
Th.B.